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Eine Hälfte eines musikalischen Duos zu sein, ist der ultimative Spagat. Pete Prison IV (Vereter, Mekongg) startete Bosna 2016 als akustisches Noise-Soloprojekt und mit Sticky Lenz (Just Friends And Lovers, Lonesome Hot Dudes, Lime Crush) am Schlagzeug gedieh das Projekt. Wenn die beiden Musiker*innen einen Blick in ihre kollektive Psyche gewähren, sind die Ergebnisse gewaltig. Fragmentarische Erzählungen und Erinnerungen sowie die Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Themen wie Rassismus und Homophobie prägen Petes Lyrics. Hypnotische Loops, eingängige Gitarrenriffs und die melancholischen Stimmen verweben sich mit den rauen Drums zu einer dichten melodischen Einheit. Ungerade, jazzige Beats finden ebenso ihren Weg in Bosnas Musik wie noisige Arrangements, die wiederum im nächsten Moment von träumerischen Passagen durchbrochen werden.

Foto: Wilma Brodo

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Songs zu schreiben ist für Toby Whyle eine Selbstverständlichkeit, im
Musikkosmos ist er seit langer Zeit ein bekanntes Gesicht. Neu ist aber
die Erkenntnis, dass Songwriting für ihn einer der wenigen Wege ist, die
grelle, schnelllebige Außenwelt auszublenden, zu verarbeiten.
Angetrieben von einem Verlangen, wieder etwas zu schaffen, zu kreieren,
fing er an, neue Songs zu schreiben. Und auf einmal war es wieder da,
dieses Gefühl die Zeit scheinbar anhalten zu können.

Auf diese Art schafft sich der Songwriter, Sänger und Gitarrist selber
Bewegungsfreiheit, gewinnt Abstand. “Jeder Song ist für mich ein leerer
Raum, und ich such mir selber aus, wie ich ihn einrichte. Manchmal ist
er komplett vollgeräumt, dann wieder fast leer.”, sagt Toby über seinen
Zugang zum Songwriting. Melodien zu finden, Texte zu schreiben ist für
ihn einfach seine Art, mit Situationen in denen er sich findet
umzugehen. Seine Songs wollen Menschen in verschiedensten Lebenslagen
abholen und inspirieren, weil sie von seiner Seite ebenfalls aus
unterschiedlichen Befindlichkeiten kommen.

Eine zentrale Rolle spielt für ihn dabei Ästhetik und Qualität: vom
Songwriting über die Produktion bis hin zur visuellen Komponente ist es
sein Anspruch, hochwertige und besondere Musik zu schaffen, die Menschen
mitreißt und begeistert, die eine gewisse Energie transportiert, ein
bestimmtes Gefühl vermittelt.

Photo: Irina Gavrich

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Die beiden Künstlerinnen Lisa Hofmaninger und Judith Schwarz, die seit einigen Jahren sehr erfolgreich zusammenarbeiten, widmen sich der Urform des Aufeinandertreffens orientalischer Klänge. Ähnlich wie bei den traditionellen Davul-Zurna-Ensembles, die im gesamten orientalischen Raum verbreitet sind, treffen "Blasen" und "Schlagen" aufeinander: Vor dem Hintergrund einer Architektur der fernöstlichen Vergangenheit finden Sopransaxophon und Schlagzeug, Bassklarinette und Schlitztrommel in den zeitgenössischen Dialog und die außergewöhnliche Interpretation der beiden Musiker.

Das Ausgangsmaterial für das gemeinsame Erklingen der Musiker sind eigene Kompositionen, Stimmungsbilder und Geschichten, die jedoch immer auf die Akustik und Atmosphäre des Ortes abgestimmt sind. Die Verliebtheit in den Klang und die kindliche Freude am Experimentieren mit den Instrumenten bilden die Essenz dieses Ensembles, das den Zuhörer letztlich in seinen Bann ziehen soll.

Fotocredits: Michele Yves Pauty

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Da wo die klassischen Ideen des Indie-Rock-Revivals an kommerzielle Grenzen stoßen, fangen SIAMESE ELEPHANTSan ihr eigenes Süppchen zu kochen. Gewürzt mit Reminiszenzen an Garage-Rock, Funk, Discound den besten Momenten britischer Bandgrößen der 2000er, machen die vier Wiener Gitarrenmusik ohne Schnickschnack –dafür aber mit viel Authentizität und einer Lust am Unkonventionellen.Dieses Denken und Tunbrachte den vier Jungs mittlerweile nicht nur heimische Erfolge ein, sondern auchinternationaleRadiochartplatzierungen und Konzerte von Paris bis hin zum renommierten Reeperbahnfestival in Hamburg.Die millionfachgestreamte Single „Dancing in the City“ ihrer EP „About Astronauts“(2019) sorgte für gespannte Ohren, als die BandihrDebut-Albummit der Welt teilte.„What Happened At The Social Club?“(2021)ist eine nicht ganz unironische Verhandlung des Status Quo, in dem eine Generation zwischen Instagram und Optimierungswahn festhängt.Dabeischaffen Siamese Elephantsihren eigenen Sound in gleichem Maße konsistent und abenteuerlustig zu gestalten, vermählen verspielt die Vergangenheit mit einem skeptischen Blick auf die Zukunft.(Text by Seayou Records & Reeperbahnfestival)
Bild: Julia Elzea

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Das schreibt Robert Rotifer über Crush:
Wenig ist süßer im Leben als der seltene Glücksfall, im Taxi auf dem Heimweg um drei Uhr früh plötzlich ganz genau den richtigen Song zu
hören. Sundown, die neue EP der auf ebenso melancholische wie mitreißende Pop-Hymnen spezialisierten Grazer Band Crush, eröffnet gleich vier
Chancen zu solch einer raren Epiphanie im Morgengrauen.
Das im Song Sundown besungene Versinken der Sonne verkehrt sich über dem anderen Ende Stadt in das unwiderstehliche Anbrechen eines neuen Tags.
„Man ist noch in diesem Moment verhaftet, sieht aber, dass eine Zukunft auf einen wartet“, so formuliert es Sängerin und Texterin Christina Lessiak: „Es ist ein neuer Anfang, man lässt Dinge hinter sich und weiß nicht so recht, ob alles so hinhaut, wie man es sich vorstellt, aber für diesen Moment ist das genug.“
Sundown ist nicht bloß die einzige in sedierter Half-Time in den Raum  schwebende Nummer auf diesem ersten Release seit dem 2017 erschienenen, ungestümen Debüt-Album Sugarcoat. Der Song verlässt auch die von Crush bisher bewanderte Klangwelt des Gitarren-Pop in Richtung einer unterkühlt schimmernden Eighties-Ästhetik. Das passt zum Gleiten unseres Taxis über eine verlassene Stadtautobahn in Richtung der schlafenden Vorstadt. Lessiaks Stimme, erinnernd an eine frühe Madonna vor dem ersten Kaffee, trifft erst auf eine abfallende Keyboard-Linie, dann auf den Puls eines Bass-Synths und Grauzone-verdächtige Morse-Codes. „You're cruel / Of no use / unaware / I fear the cold“
Wie es Blondie einst so meisterlich vorexerzierten, so kontrastieren auch Crush die retrofuturistisch urbanen Synthscapes mit dem knalligen Garagen-Beat von „There You Go“, leichtfüßig hingeworfen von Bassistin Verena Borecky und Schlagzeuger Florian Kolar (seit den Aufnahmen ersetzt durch Jakob Puttinger), stilgerecht dekoriert mit Keyboarderin
Katrin Boreckys Farfisa-Fills und einem kompakten 12-String-Solo von Gitarrist Christian Lach. In „Wake Me Up“ schaltet jener dann den Vibrato-Effekt ein, denn hier
geben sich Crush endlich ihrer schon auf den ersten EPs Damaged Good und No Easy Way so herzerweichend demonstrierten Schwäche für beatleske
Dur-Moll-Wechsel hin – samt dezenten Anklängen an „Shake Some Action“  von den Flamin' Groovies.
Aber was ist all das gegen die blanke Chuzpe, heutzutage einen Song „Twist and Shout“ zu nennen, der erst sehnsüchtig in einem fiktiven Teenagerinnen-Schlafzimmer der Phil Spector-Ära schwelgt, um sich ab Sekunde 47 kopfüber die Stiegen runter in einen Rock'n'Roll-Keller zu stürzen. „The night is good / So good! / Don't push me into the deep“,
heißt es da, denn „Tonight is all / All that I've got / Thanks to you / Loving me when I am out of tune / Twist and shout is what I want to do.“
Dabei sind sie doch alles andere als out of tune, Christina Lessiak und die ihr so sicher wie der eigene Schatten folgende zweite Stimme der Katrin Borecky. Aus unerfindlichen Gründen hat sie noch nie jemand die Everly Sisters von Graz genannt. Das sei jetzt berichtigt.
Die Aufnahmen zu Sundown entstanden zwischen April und August 2019 im Heimstudio von Thomas Grassegger, der als Live-Techniker der Band die Zündkraft ihres Pop-Appeals zu bündeln weiß. Gemastert wurde die EP unter Einsatz der Luxusohren des in allen Genres gewandten Patrick Pulsinger.
Crush, so lobte einmal jemand überschwenglich, „vertonen genau die Verheißung ihres perfekt vieldeutigen Bandnamens: Crush im Sinne des Verknalltseins, Crush im Sinne der aus der Dose sprühenden, zuckrigen Limo und Crush im Sinne des Zermalmens des Missmuts, der uns alle zurückhält, unter dem schieren Positivismus des Pop. Wären Crush nicht
2015 aus Graz, sondern 1978 vom Ladbroke Grove gekommen, sie wären längst so groß wie die Pretenders.“ Und dazu stehe ich immer noch.

Fotocredits: Crush/Johanna Dorner